Die Familien-Steinkunst auf der Osterinsel

Die vielfältige Kunst der Rapanui auf der Osterinsel


Die Kunst der Rapanui auf der Osterinsel

Die Familien-Steinkunst auf der OsterinselInselkarte und Die Familien-Steinkunst auf der OsterinselKurzbeschreibung:

Die Familien-Steinkunst auf der Osterinsel ist eine Kunstfertigkeit, die sich erst im späten 19. Jahrhundert entwickelt hat und so gesehen nichts mit der Handwerkskunst der alten Rapanui Kultur zu tun hat. Dennoch ist diese Kunst erwähnenswert, weil sie sich mehr oder weniger ohne Beeinflussung der Europäer entwickelt hat und lange Zeit im Verborgenen betrieben wurde.

Mit großer Wahrscheinlichkeit ist diese Kunstform entstanden, als der Schafranch-Betreiber Alexander Salmon jr. die wenigen Rapanui um 1878 ermutigt hat, für die Matrosen der vorbeikommenden Schiffe Artefakte als Tauschmittel anzufertigen. Während unzählige hölzerne Nachbildungen von Moai Kavakava Statuetten weitergegeben wurden, blieben die zu dieser Zeit entstandenen steinernen Artefakte im Verborgenen. Sie wurden vor den Zugriff anderer in geheimen Familienhöhlen versteckt und mutierten in den nachfolgenden Generationen zu von Geistern beseelten heilige Objekte.

 

Quelle:
- "Die Kunst der Osterinsel", Thor Heyerdahl 1975, Seiten 87 - 168
- "Aku-Aku, Das Geheimnis auf der Osterinsel", Thor Heyerdahl 1972, Seite 105 ff,

 

Die geheime Familien-Steinkunst auf der Osterinsel:

 

Das Geheimnis der Familienhöhlen:

Ein von den Rapanui lange gehütetes Geheimnis, war die Existenz geheimer Familienhöhlen und die darin verborgenen Steinartefakte. Wie wichtig den Rapanui diese geheimen Höhlen und Steinartefakte waren zeigt eine Begebenheit aus dem Jahre 1914. Selbst in der größten Not (1914) und trotz der in Aussicht gestellten hohen Belohnungen waren die Rapanui nicht bereit, einem Fremden [in diesem Fall William Scoresby Routledge] die Höhlen zu zeigen.

Die Entdeckung durch Thor Heyerdahl im Jahre 1955:

Erst durch Zufall ist es Thor Heyerdahl 1955 gelungen, das Vertrauen der Rapanui zu gewinnen. Das Archäologen-Team um Thor Heyerdahl hat 1955 Artefakte ausgegraben, die den Rapanui gänzlich unbekannt waren. So beispielsweise den Moai Tukuturi am Rano Raraku oder die rote Steinsäule am Ahu Vinapu II. Aber auch Steine eines zweiten und dritten Umo-Erdofens in der Anakena-Bucht, die unterhalb eines Steinofen-Fundamentes lagen, das bis dahin als Ofen des Hotu-Matu’a galt, oder auch alte Kohlereste, die tief im Erdreich während der Grabung am Poike-Graben gefunden wurden.

Die Bewohner der Osterinsel im Jahre 1955/56 sind nach diesen Ausgrabungen der Meinung, Thor Heyerdahl sei die Inkarnation eines ihrer Vorfahren und gekommen, um ihnen die vergessenen Artefakte zu zeigen. Aus diesem Grund, so die Meinung vieler Rapanui, habe Thor Heyerdahl auch die Berechtigung, die Höhlen und die darin befindlichen Steinartefakte in Besitz zu nehmen.

Der Höhlenzugang und die Aku-Aku-Geister:

Die meisten Hüter der Höhlen empfanden den Inhalt ihrer Höhlen mehr als Last und weniger als wertvollen Besitz. Denn nach Meinung der Höhlen-Eigentümer handelte es sich bei den Steinen um den Wohnsitz der Aku-Aku Geister, die immer bei guter Laune gehalten und regelmäßig gesäubert werden wollen. Selbst innerhalb einer Familie durfte dieses Geheimnis nur kurz vor dem Tod des Hüters an seinen Erben weitergegeben werden und der Nachfolger musste mit Bedacht ausgewählt worden sein.

Thor Heyerdahl beschrieb in seinen Büchern die aufwendige Öffnung dieser Höhlen: Kein anderer Inselbewohner durfte Kenntnis von der Höhle erlangen und deshalb war der Zugang zu den Höhlen schon mit einem gewissen Aufwand verbunden. Um nicht erkannt zu werden, fanden die Besuche zumeist in der Nacht statt. Bevor der Eingang einer Höhle geöffnet werden durfte, waren die steinernen Höhlen-Wächter, mit einem speziell für sie gefertigtes Umu-Erdofengericht um Erlaubnis zu fragen. Bei den Höhlen-Wächtern handelte es sich zumeist um einen steinernen Menschenschädel, der zur Sicherheit von einem zweiten Steinschädel unterstützt wurde. Und erst wenn die [Stein] Wächter nach einem Ritual-Essen und Beschwörungsformeln ihre Erlaubnis zum Eintritt in die Höhle gegeben hatten, durfte der Hüter der Höhlen den verborgenen Eingang öffnen.

Thor Heyerdahl beschrieb die Existenz von rund einem Dutzend solcher Höhlen, zu denen er auch tatsächlich Zugang erhielt. Aus Angst, das richtige getan zu haben wurden Heyerdahl dabei auch einige fingierte Höhlen mit nachgemachten Höhlensteinen gezeigt. Doch Heyerdahl erkannte diese Täuschungen. Solche Höhle wirkten aufgeräumt, sauber und waren oft trockener als übliche alte Lagerstätten. Auf den Artefakten fehlte dann oft auch die Patina von lange gelagerten Objekten.

Mehr als 1.000 unterschiedliche Steinartefakte:

Was Heyerdahl dann aber zu Gesicht bekam, verschlug ihm fast die Sprache: In den Höhlen befanden sich steinerne Figuren, die zumeist nicht größer waren als maximal 30 cm und teilweise wie auf einem Altar an den Wänden positioniert wurden. Neben den steinernen Wächtern fanden sich Nachbildungen von Fischen, Meeressäugetieren, Vögeln, Fabelwesen, Schilfbooten mit Segel, menschliche Masken, Gliedmaßen, Köpfe oder Körper, aber auch Nachbildungen von Säugetieren, die erst mit den Europäern eingeführt worden waren. Hierbei handelte es sich um die Köpfe und Körper von Schafen, ganze Pferdefiguren, Hasen, Katzen oder auch Hunde. Am Ende konnte Heyerdahl mehr als 1.000 Steinartefakte [unterschiedlicher Ausprägung] bergen.

Wächter einer geheimen Höhle der Rapanui geheime Steinkunst der Rapanui geheime Steinkunst der Rapanui
Steinkunst aus geheimen Familienhöhlen der Osterinsel Stein Segelschiff, Darstellung aus Totora-Schilf Steinkunst Osterinsel - Wal
geheime Steinkunst der Rapanui geheime Steinkunst der Langohren Geheime Steinkunst der Rapanui

Kunst aus dem 19. Jahrhundert und Rapanui-Manuskripte:

Speziell die Nachbildungen der Säugetiere, die erst durch die Europäer eingeführt wurden, brachte Heyerdahl auf den Gedanken, dass diese Steinartefakte nicht sehr alt sein konnten. Heyerdahl schlussfolgerte, dass die meisten Artefakte wohl zum Ende des 19. Jahrhunderts gefertigt wurden. Es war zu einer Zeit, als eine Gruppe von Rapanui sich zwischen 1892 und 1896 zusammengesetzt haben, um ihre Legenden und alte Kultur auf Papier niederzuschreiben. Diese Hefte wurden später als Rapanui-Manuskripte bekannt. Heyerdahl selbst hat zwei dieser Manuskripte bergen können, die aufgrund ihrer Vergänglichkeit in den Höhlen von den Hütern bereits mehrfach kopiert worden waren.

 

Urheber der Kunst aus dem Kreis der "Langohren":

Thor Heyerdahls Informanten, speziell Pedro Atan, waren fest davon überzeugt, dass die Bewahrer der alten Traditionen und Legenden, einschließlich der Familiensteinkunst, ausschließlich dem Kreis der Langohren zuzuschreiben waren. Pedro Atan war auch der Meinung, dass die Geschichte um die Langohren und Kurzohren nicht nur eine Legende war, sondern auf Tatsachen beruhte und dass die Langohren ursprünglich einmal die Elite der Insel gestellt haben. Aus diesem Grund konnten im Feldversuch auch nur die Langohren einen Moai [Ature Huki] wieder auf ihren Sockel stellen.

Heyerdahl schrieb in seinem Buch "Aku-Aku" auch von Haarbüschel des Stammvaters und die seiner Nachkommen, die in den Höhlen gelagert wurden. Dabei waren diese Haarbüschel in Totora-Schilf eingefaltet und mit Fäden umwickelt und verknotet. Jedes dieser Päckchen enthielt so viele Knoten wie es in der Ahnenreihenfolge stand.

 

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