Die europäischen Entdecker und Besucher der Osterinsel haben
die geschichtliche Entwicklung der Insel maßgeblich verändert.
Missverständnisse in den unterschiedlichen Wertenormen führten
im ausgehenden 18. und eingehenden 19. Jahrhundert unter anderem
zu aggressiven Abwehrreaktionen der Rapanui gegenüber den
fremden Besuchern. Die gewaltsame Entführung von rund einem
Viertel der Insulaner in den Jahren 1862 und 1863 sowie die anschließende
Einschleppung der Pocken- und Tuberkuloseinfektionen führte
zum kompletten Verlust der Wissensträger. Tod und Vertreibung
in den Jahren 1864 bis 1872 führten zur fast völligen
Entvölkerung der Insel und Untergang der ursprünglichen
Kultur. Fremdherren nötigten den Rapanui das Land ab. Forscher
bedienten sich ungeniert an den alten Kulturgütern. Pächter
verwehrten der indigenen Bevölkerung den Zugang zu ihrer
Insel. Chile stellte die Osterinsel 1914 für 50 Jahre unter
Kriegsrecht.
Erst die ersten demokratischen Wahlen im Jahre 1965 brachten
den Rapanui menschenwürdige Freiheiten wie Grundrechte als
chilenische Bürger, Reisefreiheit oder das Recht an Grund
und Boden. Die anschließende Öffnung der Insel für
Investoren brachte den Rapanui aber auch eine Touristenflut in
dessen Wohlstandsmüll die Insel heute zu versinken droht.
100 Jahre Suche nach dem "Davis-Land":
In einem Buch von William Dampier* wird berichtet, dass der
Freibeuter Edward
Davis mit seinem Schiff "Batchelor's-Delight",
1687 im Pazifischen Ozean ein flaches, kahles Land gesehen
hat, das in etwa auf den Koordinaten der heutigen Osterinsel
liegt. Nach dieser Veröffentlichung gehen die europäischen
Seemächte davon aus, dass im Südmeer das legendäre
"Terra Australis Ingocnita" gesichtet wurde. Danach
werden unzählige Schiffe in den Pazifik geschickt, um
nach dem, umgangssprachlichen "Davis-Land" zu suchen.
Erst James Cook
hat auf seiner zweiten Weltumsegelung (1772 bis 1775) endgültig
festgestellt, dass "Terra Australis Ingocnita" nicht
existiert. Während dieser Reise hat Cook auch die Osterinsel
besucht.
* "Merkwürdige Reise nach der
Erdenge Darien, auch durch die Südsee und das mittägige
Atlantische Meer"
1722 – Die Rapanui lernen, was Stichwaffen sind:
Erst nach der Entdeckung der Osterinsel durch Jacob
Roggeveen im Jahre 1722 beginnt die indigene
Bevölkerung, Stichwaffen in Form von, mit Obsidian-Spitzen
versehenen Speere zu nutzen. Bis dahin wurden Konflikte lediglich
mit Steinwürfen ausgetragen. 1770 berichtet der Spanier
Antonio
de Agüera erstmals, dass einige Bewohner
der Osterinsel Körperwunden aufweisen, die aussehen,
als seien sie von Obsidian-Klingen verursacht worden. Stichwaffen
hat Agüera jedoch keine gesehen. Die ersten Stichwaffen
in Form von langen, schiefen Stöcken mit Feuerstein besetzten
Spitzen, beschreibt James
Cook nach seinem Besuch im Jahre 1774.
1770 – Die Rapanui lernen erstmals, was Schriftzeichen
sind:
1770 segelt der spanische Marineoffizier Felipe
González de Ahedo zur Osterinsel, um die
Insel für Spanien als Vorposten im Pazifik in Besitz
zu nehmen. González benennt die Insel nach dem spanischen
König (Karl III) "San Carlos" und lässt
sich eine Annektierungs-Urkunde von drei Häuptlingen
unterschreiben. Hierbei kommen die Rapanui erstmals mit Schriftzeichen
in Verbindung. Der neuseeländische Linguist Steven Roger
Fischer meint, dies sei für die Rapanui die Initialzündung
für die Entwicklung der eigenen Rongorongo-Schrift
gewesen.
1862 / 1863 – Peruanische Menschenhändler
bringen den Tod auf die Insel:
In
den Jahren 1862 und 63 bringen peruanische
Menschenhändler insgesamt 1.400 Rapanui
als Arbeitsemigranten nach Peru, rund 900 davon mit Gewalt.
15 zurückgeführte Rapanui bringen anschließend
tödliche Krankheiten auf die Insel, wobei die indigene
Bevölkerung insgesamt um ¾ dezimiert wird. Unter
den Opfern befinden sich so gut wie alle Wissensträger.
Das Wissen um die ursprüngliche Osterinsel-Kultur geht
damit für immer und unwiederbringlich verloren.
1869 – Der geschwächten Rapanui-Bevölkerung
wird das Land abgenommen:
Der despotische Franzose Dutrou
Bornier beginnt 1869 im großen Stil, den
Rapanui mit Einschüchterung und Gewalt, das Land abzunehmen,
um aus der Osterinsel eine Schaffarm zu machen. 1871 werden
sowohl die zwischenzeitlich ansässigen Missionare als
auch ein Großteil der restlichen Bevölkerung von
der Insel vertrieben. 1877 leben nur noch 111
Personen auf der Osterinsel.
1888 – Die Osterinsel wird durch Chile annektiert:
1888 verspricht der chilenische Marineoffizier Policarpo
Toro den Rapanui, im Gegenzug für die Nutzung der
Insel, Chile als Schutzmacht zu vermitteln. Die am 09.09.1888
unterschriebene Abtretungsurkunde
der Nutzungsrechte wird durch Chile einseitig
in eine Abtretung der vollständigen Souveränität
umgewandelt. Damit ist die Osterinsel defacto von Chile annektiert.
1895 – Enrique Merlet übernimmt die Osterinsel
als Schaffarm:
1895 übernimmt der chilenische Kaufmann Enrique
Merlet den 1890 von Policarpo
Toro und Chile geschlossenen 20-jährigen Pachtvertrag
an der gesamten Osterinsel. Merlet zentriert die indigene
Bevölkerung in ein 200 Hektar großes Reservat an
der Westküste und macht aus der übrigen Insel eine
Farm zur Produktion von Wolle, Fleisch und Tierfelle. Die
Konzentration der Bevölkerung an der Westküste verursacht
ab 1898 eine Lepra-Epidemie
mit der Folge, dass sämtlichen Rapanui ein Ausreiseverbot
auferlegt wird. 1903 muss Merlet seine Rechte an das englische
Handelshaus Handelshaus Williamson-Balfour abtreten, das daraus
die Betreibergesellschaft zur Ausbeutung der Osterinsel durch
Schafzucht "CEDIP" macht. Die indigene Bevölkerung
ist komplett entrechtet.
1914 – Aufstand der Rapanui und Verhängung
des Kriegsrechtes für 50 Jahre:
Die Rapanui proben 1914 letztmalig einen Aufstand,
um sich gegen die Unterdrückung der Fremdherren zu wehren.
Sie fordern offensiv den Ranch-Verwalter Percival
Edmunds auf, die Insel zu verlassen. Wie durch
ein Wunder kommt es zu keiner tödlichen Konfrontation.
Beide Parteien setzen auf das schon überfällige
Versorgungsschiff aus Chile und die richterliche Autorität
des jeweils kommandierenden Kapitäns. Am Ende wird der
Aufstand durch Kapitän Almanzor Hernández für
nichtig erklärt. In der Folge aber verliert der Ranch-Verwalter
das juristische Vertretungsrecht für Chile und die Osterinsel
wird in den Zustand des Kriegsrechtes
versetzt. Damit gilt jegliche zukünftige Auflehnung der
indigenen Bevölkerung als Angriff auf Chile, mit der
Konsequenz, dass die Verantwortlichen verhaftet und nach Chile
deportiert werden.
1964 / 1965 – Die Rapanui erhalten das Recht
auf Selbstbestimmung:
Der ethnische Rapanui Alfonso
Rapu Haoa nutzt Ende 1964 die weltweite mediale
Aufmerksamkeit der gerade auf der Osterinsel anwesenden METEI-Expedition,
um auf die seit 1895 andauernden Einschränkungen der
indigenen Bevölkerung aufmerksam zu machen, ohne Chile
dabei in Misskredit zu bringen. Chile erlaubt freie Wahlen,
Alfonso Rapu Haoa wird der erste ethnische Bürgermeister
mit politischen Rechten. Das Kriegsrecht wird aufgehoben,
die Rapanui erhalten die chilenische Staatsbürgerschaft
und damit das uneingeschränkte Recht, die Insel ohne
Vorbehalte und Kontrollen zu verlassen. Mit dieser Öffnung
erhalten die Rapanui allerdings nicht ihre Insel zurück.
Trotz des Indigenen-Gesetzes von 1993, ist die Osterinsel
zum größten Teil immer noch in chilenischem Besitz.
Lediglich 28% der gesamten Inselfläche (das sind 4.600
Hektar), ist heute in Privatbesitz der einheimischen Rapanui.
44% der heutigen Inselfläche sind als Nationalpark ausgewiesen,
28% der Landflächen werden von der staatlichen Vaitea-Farm
als Weide-, Forst- und Agrarflächen genutzt.
1994 - Kevin Costner und die Folgen seines Filmes:
1994 wird auf der Osterinsel der Film "Rapa Nui - Rebellion
im Paradies" von Kevin
Costner produziert. Der 20 Million Dollar Film
wird zwar für die Investoren ein Flop, macht aber die
Insel Touristen interessant. Der durch die Touristen verursachte
Wohlstandsmüll bringt die Insel im 21. Jahrhundert an
ihre Grenzen.