Ahu - Die Zeremonie-Anlagen auf
der Osterinsel
Die Ahu - Anlagen als Zeremonie-Plattformen
Kurzbeschreibung:
Auf der Osterinsel gibt es rund 250 Ahu-Anlagen. Sie befinden
sich zumeist entlang der Küstenlinien und wurden als Begräbnisstätte
für bedeutende Verstorbene angelegt. Etwa die Hälfte
der Ahu-Anlagen wurden zeitgleich auch als Zeremonie-Anlage der
jeweiligen Siedlungsgemeinschaft genutzt. Auf diesen Zeremonie-Anlagen
waren dann zusätzlich die steinernen Hüllen der bedeutendsten
Verstorbenen aufgestellt.
Es gibt fünf unterschiedliche Bauformen der Ahu. Sämtliche
Anlagen bestehen aus Natursteinen, die in Trockenbauweise zusammengefügt
oder aufeinandergestapelt wurden. Die Größe der Anlagen
variiert zwischen ca. 30 und 220 Metern, wobei die bedeutendsten
und größten Anlagen im Laufe der Jahrhunderte immer
wieder um- und ausgebaut wurden. Mit dem Wechsel vom Moai-Ahnenkult
zum Vogelmann-Kult haben
die Ahu-Anlagen ihre Bedeutung als Zeremonie-Anlagen mehr und
mehr verloren.
Quelle:
- "Te Pito te Henua or Easter Island",
William J. Thomson 1891, S. 497 ff.
- "The Mystery of Easter Island", Katherine Routledge
1919, S. 166 ff.
- "La Tierra de Hotu Matu´a", Sebastian Englert
1948, S. 97 ff., S. 515 ff.,
- "Archaeology of Easter Island, Band I", Carlyle S.
Smith, 1961, S. 181 ff.,
- "Die Kunst der Osterinsel", Thor Heyerdahl 1975, S.
184 ff.
Die Ahu-Anlagen von der
Osterinsel
Insgesamt sind rund 250 Anlagen dokumentiert, von denen sich
weniger als 15 im Landesinnere befinden. Rund 240 Ahu-Anlagen
befinden sich an den Küsten, maximal 500 Meter von den
jeweiligen Gezeitenlinien entfernt.
Definition "Ahu":
Die steinernen Bauwerke nennen sich im Volksmund Ahu-Anlagen,
was so viel heißt wie "Grabdenkmal mit Nischen, die
die Skelette der Toten halten" [Alfred
Métraux]. Métraux meinte, das Wort "Ahu"
bedeutet einfach nur "Steinhaufen". Andere Bezeichnungen
sind:
- Grab,
- Grabdenkmal mit Nischen, die die Skelette der Toten halten,
- erhöhter Sitz,
- Thron,
- Steinplattform, mit oder ohne Gräber.
Während in Zentralpolynesien* sich der
Begriff "Ahu" normalerweise nur auf einen geschlossenen
Hof vor einer Steinplattform an einem heiligen Ort bezieht,
bezieht sich der Begriff "Ahu" auf der Osterinsel
auf die gesamte Struktur einer Anlage, egal, welche Form sie
hat.
* [Carlyle S.
Smith S. 181:] Auf den Gesellschaftsinseln werden
solche heiligen Stätten "Marae Ahu" genannt.
In Neuseeland wird der Begriff "tu-ahu" für
ein offenes Gebiet mit einem Pfosten oder eine Reihe von Steinen
verwendet. Auf den meisten der Marquesas Inseln wird der Begriff
"me'ae" für Steinstrukturen von religiöser
Bedeutung verwendet. Auf den Inseln "Nukuhiva" und
"Uapou" in dieser Gruppe, wird aber das Wort "ahu"
verwendet.
Auf der Osterinsel wird der ebene Bereich vor einer
Ahu-Anlage "tahua" genannt. Es ist das Äquivalent
des marquesanischen Wortes "tohua", das einen zeremoniellen
Versammlungsbereich bezeichnet. Die Maori von Neuseeland verwenden
das Wort "tahua" entweder für einen Hof oder
ein "marae", aber letzterer Begriff kann sich nur
auf einen Dorfplatz beziehen. Auf vielen anderen Inseln im
Westen bezeichnet der Begriff "Malae" ein nicht
heiliges offenes Gebiet. In Zentralpolynesien kann "Tohua"
einen ebenen Bereich innerhalb eines "Marae" oder
einfach einen "Boden" bedeuten. Der Begriff "Tohua"
ist möglicherweise das alte Wort für einen Versammlungsort
in ganz Südost-Polynesien.
Alter der Ahu-Anlagen:
Das Alter der Ahu-Anlagen auf der Osterinsel wird in drei Zeitperioden
eingestuft und zwar in Früh-Periode, Mittlere Periode und
Spät-Periode. Diese Perioden lassen sich wie folgt charakterisieren:
Früh-Periode [> 400 – ca. 1100]:
Einzelne Anlagen sind nach der Sonne ausgerichtet. Die Steine
der seeseitigen Frontmauern sind passformgerecht bearbeitet.
Die Anlagen besaßen noch keine Moai-Statuen.
Mittlere Periode [1100 – 1680]:
Die seeseitigen Frontmauern bestehen aus würfelförmigen
Natursteinen und sind mit landseitigen Terrassen und seitlichen
Flügeln ausgestattet. Auf dem mittleren Podest stehen
die monumentalen Moai. In den Terrassen und Seitenflügeln
sind Begräbniskammern eingebettet.
Spät-Periode [1680 – 1868]:
Die Spät-Periode der Ahu-Anlagen ist gekennzeichnet
von Zerstörung. Die Moai wurden gestürzt, die Steine
der Seitenflügel wurden teilweise auf die mittlere Terrasse
zu einer Halb-Pyramide aufgeschichtet. Bestattungen auf den
Anlagen finden nur noch sporadisch statt, die Leichname werden
nur noch mit Steinen zugedeckt oder in künstliche Hohlräume
gelegt.
Ahu - Zweckbestimmung:
Früh-Periode = Heiliger Ort
Ein Blick auf die Namensbezeichnungen der Zeremonie Stätten
in Zentralpolynesien zeigt, dass es sich bei den Ahu-Anlagen
auf der Osterinsel aus der Frühen Periode [> ca. 400
– 1100] zunächst wohl nur um einen heiligen Ort
handelte, an dem Priester ihre verschiedenen Kulthandlungen
praktizierten.
Mittlere Periode = Stätte der Ahnen
Mit dem Wandel der Anlagen in Gedenk- und Begräbnisstätten
[ab etwa 1100], dienten die Ahu-Anlagen einem Ahnenkult. Die
auf den Ahu-Anlagen aufgestellten Moai repräsentierten
wichtige Ahnen, deren Gebeine in innenliegende Grabkammern
bestattet wurden. Die aufgestellten Moai auf den Ahu-Anlagen
wurden mit Augenhöhlen ausgestattet, in denen die Priester
beim Anrufen der Ahnen Augen-Inletts legten. Nach dem Glauben
der Rapanui wechselte auf diese Weise die ursprüngliche
Lebensenergie (Mana) von den Gebeinen des Ahnen in die steinerne
Hülle und konnte so, schützend über die jeweilige
Siedlungsgemeinschaft wachen. Sämtliche Ahu-Moai an den
Küsten waren so ausgerichtet, dass sie mit dem Rücken
zum Meer standen und über die Hütten der Siedlungsgemeinschaft
ins Landesinnere blickten.
Neben dem Ahnenkult wurden auch Dank- und Gedenkfeierlichkeiten
an den Ahu-Anlagen praktiziert, bei denen die Söhne ihre
verstorbenen Väter ehrten. Derartige Feierlichkeiten
nannten sich Paina-Festivals, die auf dem jeweiligen Ahu-Vorplatz
ausgetragen wurden. In einem speziell dafür ausgelegten
Paina-Kreis wurde eine etwa 3 Meter hohe Figur aufgestellt,
die aus einem Holzgerüst bestand und mit Tapa-Stoffen
ummantelt war. Hinter der Figur konnte sich ein Redner stellen,
der durch die Figur zur Festgemeinschaft sprach, um den Verstorbenen
zu gedenken.
Ahu-Anlagen und Astronomie:
Etwa 15 bis 20 Ahu-Anlagen wurden nach astronomischen Gesichtspunkten
erbaut und ausgerichtet. Acht davon mit einer Nord-Süd-Richtung.
Der US-Wissenschaftler William Liller ist der Meinung, nach
dieser Ausrichtung konnten die Rapanui den höchsten Sonnenstand
ermitteln und hätten danach die kulturellen Zyklen bestimmt.
Denkbar sei auch, die Ausrichtung dieser Ahu habe navigatorischen
Zwecken gedient. Der Wissenschaftler Edmundo Edwards und der
Astronom Juan Belmonte meinen, die meisten der nach astronomischen
Gesichtspunkten ausgerichteten Anlagen dienten der Beobachtung
der Sterne (hauptsächlich die der Plejaden und des Orion-Gürtels),
andere der Beobachtung der Planeten wie Sonne, Mond und Mars.
Ahu - heutiger Zustand:
Die meisten Ahu-Anlagen auf der Osterinsel zeigen sich als
Ruinen mit starken Erosionsspuren und sollen auch nicht wieder
aufgebaut werden. Es wird nur versucht, die Anlagen vor weiteren
Beschädigungen zu schützen.
Seit 1956 wurden folgende Ahu-Anlagen restauriert:
- 1956 Ahu Ature Huki (Thor Heyerdahl)
- 1960 Ahu Akivi (William
Mulloy)
- 1968 Ahu Kio'e (William Mulloy)
- 1968-1970 Ahu Ko Te Riku (William Mulloy)
- 1968-1970 Ahu Tahai (William
Mulloy)
- 1968-1970 Ahu Vai Uri (William Mulloy)
- 1972 Ahu Huri A Urenga (William Mulloy)
- 1974 Ahu O Kava (William Mulloy)
- 19?? Ahu Tautira (??)
- 1978 Ahu Nau Nau (Sergio
A Rapu)
- 1992-1995 Ahu Tongariki
(japanische Archäologen)
- 1998 Ahu Riata (??)
Eigennamen der Ahu-Anlagen:
Bereits Katherine
Routledge vermerkte, dass die einheimischen Führer
nur noch die wichtigsten Zeremonie-Anlagen (einheitlich) mit
Namen nennen konnten. Die Namen vieler kleineren Anlagen musste
sie mehrmals korrigieren. Aus diesem Grund finden sich in den
verschiedenen Listen der Forscher teilweise unterschiedliche
Namensbezeichnungen.
|