Die 4000 Petroglyphen von der Osterinsel
Die Petroglyphen von der Osterinsel
Kurzbeschreibung:
Auf der Osterinsel gibt es mehr als 4.000 dokumentierte Petroglyphen,
die die religiösen oder kulturellen Themen des Lebens auf
der Insel widerspiegeln. Die, nach Anzahl der Petroglyphen wichtigsten
Themenbereiche behandeln den Vogelmann-Kult,
die Fruchtbarkeit, den Schöpfergott MakeMake, sowie die Fischerei.
Obwohl sich die Petroglyphen über die gesamte Osterinsel
verteilen, gibt es doch Hotspots. Die mit Abstand größte
Ansammlung von Petroglyphen befindet sich an der Südwestspitze
der Insel am Vogelmann-Kult Ort Orongo,
gefolgt von der Hanga O Hônu Bucht an der Nordostküste
und Omohe an der Nordküste. Viele Petroglyphen wirken wie
von Laienhand gemacht, andere zeugen wiederum von einer hohen
Handwerkskunst.
Quelle:
-"A visit to Easter Island, or Rapa Nui, in
1868", J. Linton Palmer,
The Journal of the Royal Geographical
Society Vol. 40 London 1870,
- "Die Oster Insel - Eine Stätte prahistorischer Kultur
in der Südsee 1883", Bericht des Kommandanten,
Kapitänleutnant Wilhelm Geiseler vom 2.
November 1882.
- "Te Pito te Henua; or Easter Island", von William
J. Thomson 1891,
- "The Mystery of Easter Island", Routledge, 1919,
- "Les pétroglyphes de I’Ile de Pâques",
Henri Lavachery, 1939,
- "The Rock Art of Easter Island, Symbols of Power, Prayers
tot he Gods", Dr. Georgia Lee, 1992,
Übersicht aller Petroglyphen
auf der Osterinsel:
In den Jahren 1981 bis 1986 beschäftigte sich die US-Amerikanerin
Georgia Lee,
im Rahmen eines 5-jährigen Forschungsarbeit, mit den Petroglyphen
auf der Osterinsel.
Lee erfasst dabei rund 4.000 Petroglyphen und ordnet diese
nicht nur in 12 verschiedene Kategorien ein, sondern zeigt auch
auf, welche Motive sich in welcher Anzahl in den einzelnen Regionen
der Osterinsel wiederfinden. Hierdurch wird deutlich, mit welchen
kulturellen Schwerpunkten sich die einzelnen Clans der frühen
Inselbewohner beschäftigt haben.
Die Ergebnisse ihrer Arbeit veröffentlichte sie 1992 in
dem Buch "The Rock Art of Easter Island Symbols of Power,
Prayers to the Gods" zu Deutsch: "Die Felszeichnungen
der Osterinsel - Zeichen der Macht, Gebete zu den Göttern".
Georgia Lee ordnet ihre Veröffentlichung nicht nach Regionen
(so wie Lavachery)
sondern nach 12 unterschiedliche Typen, die sich wie folgt aufteilen:
- 141
Anthropomorphe Figuren
(24) Motive mit menschlicher Gestalt, sowie
(117) kleine Moai.
Vorkommen: 141 Stück in der Größe zwischen 15
und 144 Zentimeter
- 1.116
Anthropomorphe Figuren und Teile daraus
(66) menschliche Köpfe,
(260) Augen und Nasen,
(119) Augenmasken,
(124) nur Augen,
(13) Hände,
(9) Füße mit Zehen sowie
(564)Vulva-Darstellungen.
Vorkommen: 1.116 Stück sowohl als Verkleinerungen als auch
in Vergrößerungen der natürlichen Dimensionen,
Augen bis zu 80 Zentimeter, die weibliche Vulva bis zu 130 Zentimeter.
- 481
Vogelmänner, Mensch-Vogel-Kombinationen
(110) Vogelmann-Darstellungen Phase 1,
(335) Vogelmann-Darstellungen Phase 2,
(16) "Manupiri"-Vogelmann-Darstellungen - (jeweils
2 Vogelmänner).
Die Vogelmänner zeigen immer den Körper eines Menschen
und den Kopf und Schnabel eines Fregattvogels im Profil.
Vorkommen: 481 Stück in der Größe zwischen 20
und 166 Zentimeter.
- 119
Vögel
(79) Vögel (unspezifisch),
(24) Seeschwalben mit kurzem scharfem Schnabel,
(11) Fregattvögel - langer Schnabel mit gebogenem Ende
und
(5) Fregattvögel (zweiköpfig).
Vorkommen: 119 Stück in der Größe zwischen 12
und 200 Zentimeter.
- 277
Meerestiere
(165) Fische - unspezifisch,
(13) Octopusse,
(32) Schildkröten,
(50) Meereskreaturen (kombiniert),
(24) Meeressäugetiere "Pakia",
(5) Krabben - Skorpione oder Hummer.
Vorkommen: 264 Stück in der Größe zwischen 20
und 345 Zentimeter.
- 18
Landtiere
(13) Haushühner,
(5) Eidechsen.
Vorkommen: 18 Stück in der Größe zwischen 40
und 480 Zentimeter.
- 32
Objekte und Ornamente von Zeremonien
(15) Rei Miro,
(9) Ao Paddel oder Ua Stäbe sowie
(5) Kopfschmuck.
Vorkommen: 32 Stück in der Größe zwischen 20
und 130 Zentimeter.
- 266
Boote
(265) Kanu / Boote,
(>20) europäische Schiffe.
Vorkommen: 266 Stück in der Größe zwischen 10
und 170 Zentimeter.
- 431
Objekte
(380) Angel-/Fischhaken,
(7) Steinbeile,
(2) Netze,
(40) Hare Paenga - Boots-Häuser - Grundriss,
Vorkommen: 431 Stück in der Größe zwischen 16
und 170 Zentimeter.
- 692
Geometrische Figuren
(451) Linien (in allen Richtungen),
(218) Linien - Himmelskörper?
Vorkommen: 692 Stück in der Größe zwischen 2
und 350 Zentimeter.
- 8
Pflanzen
(8) Pflanzen.
Vorkommen: 8 Stück in der Größe zwischen 40
und 50 Zentimeter.
- 447
Kürbis-Flaschen
(447) Kürbis-Flaschen - (Kalebasse).
Vorkommen: 447 Stück.
Außerdem wurden rund 4600 künstliche
Vertiefungen in Steinen erfasst, über deren Sinn immer noch
spekuliert wird. Georgia
Lee beschreibt Zähllöcher, als Becher- oder tassenförmige
Behälter für Wasser, Farbbehälter für Tätowierungsflüssigkeiten
und Opferschalen oder flache Schalen für religiöse Zwecke
- Spiegelung des Wassers.
Die
höchste Konzentration an Petroglyphen:
Die meisten Petroglyphen finden sich in der Region Rano
Kau an der Süd-West-Spitze der Osterinsel. Rano Kau
war das Zentrum des Vogelmann-Kultes.
Von den insgesamt gut 4000 Petroglyphen sind alleine hier insgesamt
1.563 dokumentiert (davon 1.274 am Orongo,
68 Motu Nui und im
Umfeld 107 am Rano Kau direkt und 114 in der Region Vai
Atare). Bei der Motivgestaltung geht es hier vornehmlich
um die Darstellung des Vogelmannes sowie um die Darstellung
der weiblichen Vulva.
|
|
|
|
Mata Ngarau (Orongo) |
Mata Ngarau (Stein 16) |
Mata Ngarau (Stein 15) |
Mata Ngarau (Orongo) |
Die zweithöchste
Konzentration an Petroglyphen:
Die zweitgrößte Konzentration an Petroglyphen findet
sich entlang der Nordküste der Osterinsel. Nach der Motivgestaltung
der dortigen Petroglyphen zu urteilen, war die Nordküste
geprägt vom Fischfang sowie um den Glauben rund um den
Gott der Krieger MakeMake.
Alleine in der Region Ra’ai sind 501 Petroglyphen dokumentiert,
gefolgt von Ava O Kiri mit 278, Hanga Oteo mit 198 und Omohe
mit 184. Um Ra’ai, Ava O Kiri und Hanga Oteo finden sich
vornehmlich maritime Darstellungen wie Boote/Kanu, Angelhaken,
Fische, Schildkröten, rund um Omohe finden sich vornehmlich
Masken vom Gott der Krieger MakeMake sowie Grundriss-Darstellungen
von den Hare Paenga-Bootshäusern.
|
|
|
|
Ra'ai (Papa Vaka) |
Ra'ai (Papa Mangai) |
Ava O Kiri |
Omohe (Ana Nga Heu) |
Tongariki: Nachweis für Residenz des Vogelmannes:
Eine bedeutende Stätte war ursprünglich auch Tongariki
an der Süd-Ost-Küste. Nach Anzahl der dokumentierten
Petroglyphen finden sich hier zwar "nur" 82 Petroglyphen,
doch zeigen sie, dass einige der jährlich neu gewählten
Vogelmänner, an dieser Stelle ihre Residenz gehabt haben
müssen. So finden sich hier, außerhalb von Orongo,
die schönsten Vogelmann-Darstellungen oder auch die schönsten
Darstellungen von Schildkröten, die ausschließlich
hochgestellten Persönlichkeiten vorbehalten waren.
|
|
|
|
Tongariki |
Tongariki |
Tongariki |
Tongariki |
Anakena - Sitz der Könige mit einmaligen Petroglyphen:
Bedeutsam war auch die Region um Anakena
(Nordküste), man sagt, die Residenz der Könige. Es
finden sich hier zwar nur 44 Petroglyphen, dafür sind viele
dieser Darstellungen allerdings einmalig. Von der Motivgestaltung
geht es hier um anthropomorphe Wesen in Menschengestalt oder
Mischwesen aus dem Meer. Etwas östlich von Anakena finden
sich in der Region "House of Aio" Fundamentsteine
eines Hare Paenga-Hauses mit anthropomorphen Darstellungen,
die von ihrer Machart erstaunliche Ähnlichkeiten wie die
in Anakena aufweisen.
|
|
|
|
Anakena |
Anakena |
Anakena |
House of Aio |
Graffiti oder Zeichen
der Sieger nach Clan-Kriegen:
Geht man nach der Anzahl, so finden sich am Rano
Raraku (100), Hanga Piko (117),
Puna Pau (48) oder Ahu
Vinapu (38) ebenfalls höhere Konzentrationen an Petroglyphen.
Zu mindestens am Rano Raraku, Puna Pau und Vinapu dürfte
es sich um Graffiti von Siegern nach Clan-Kriegen handeln, weil
die Darstellungen weder besonders anspruchsvoll sind und (fast)
ausnahmslos an (ursprünglich) heiligen Symbolen wie Moai
oder Pukao angebracht wurden.
Georgia Lee vermutet, dass bestimmte Darstellungen als Stammeszugehörigkeit
oder auch als Territorialzeichen zu sehen sind.
|
|
|
|
Rano Raraku |
Rano Raraku |
Puna Pau |
Vinapu |
Hanga Piko - Graffiti oder Petroglyphen?
Rund um Hanga Piko finden sich eine
Vielzahl von Darstellungen in Form von einfachen Ritzungen,
die kaum als Petroglyphen oder Graffiti zu unterscheiden sind.
Es ist denkbar, dass diese Darstellungen erst nach dem Zusammenbruch
der Rapanui (nach 1868) angebracht wurden.
|
|
|
|
Hanga Piko |
Hanga Piko |
Hanga Piko |
Hanga Piko |
|