Ahu "Vinapu"-Komplex
– mit einer Steinkunst aus Südamerika?
Ahu "Vinapu"mit glatt geschliffenen Steinen wie
in Südamerika:
Kurzbeschreibung:
Etwa 5,5 Kilometer südlich von Hanga
Roa, (dort wo die Landebahn zu Ende geht und die großen
Kerosintanks aufgestellt sind), befindet sich die Zeremonie-Anlage
"Ahu Vinapu O Tahira". Diese Anlage besteht aus einer
Doppel-Anlage, die allgemein mit "Vinapu I (Ahu Tahira)"
und "Vinapu II" betitelt wird. Es heißt, es soll
hier eine dritte Anlage gegeben haben und zwar dort, wo heute
die Kerosintanks stehen. Die Reste dieser Anlage sollen mit der
Aufstellung der Kerosintanks verloren gegangen sein. William
J. Thomson hat diese Anlage aber noch als Nr. 110 in seine
Inselkarte von 1886 eingetragen.
Vinapu I wird stets bei der Frage um die Besiedlung der Osterinsel
als Beispiel der Anhänger genannt, die meinen, eine Siedlerwelle
sei aus dem südamerikanischen Peru gekommen. Die rückwärtige
Mauer besteht nämlich aus Steinen deren Bauart den Steinen
in Tiahuanaco (Peru*) ähneln. Diese These ist bei den meisten
Wissenschaftlern allerdings umstritten, weil es sich bei den fraglichen
Steinen am Vinapu lediglich um ein Verblendmauerwerk von 30 cm
starken Steinen handelt, während die Mauern in Tiahuanaco
ausnahmslos aus dicken Steinblöcken bestehen.
Quelle:
- "siehe Text"
Ahu "Vinapu"-Komplex:
Ein in der Geschichtsschreibung und von den Forschern immer
wieder genannter Ahu-Komplex ist Vinapu I + II. Die Anlage befindet
sich an der beginnenden Südküste, am östlichen
Fuß des Rano Kau. Vinapu
ist relativ leicht zu finden, wenn man sich am Flughafen
orientiert. Man braucht lediglich die Straße, die zum
oder vom Flughafen führt und parallel zur Landebahn verläuft,
Richtung Südküste zu fahren. Dort wo die Landebahn
zu Ende ist und die Kerosintanks zu sehen sind, orientiert man
sich zu diesen Tanks. Von dort aus wird man durch Hinweisschilder
zum Parkplatz Vinapu geführt. Die Fahrstrecke vom Flughafen
bis zur Anlage Vinapu beträgt ca. 3,5 Kilometer.
Standort-Karten Ahu Vinapu I + II
Vinapu wirkt heute aus der Ferne wie zwei große Steinschutthaufen.
Restauriert und Instand gesetzt wurde die Anlage nicht und soll
es auch nicht geben. Es werden lediglich Maßnahmen durchgeführt,
die der Erhaltung des Ist-Zustandes dienen.
Die Gesamtlänge einschließlich der Seitenflügel
beträgt bei Vinapu I (Tahira) rund 72 Meter. Auf dem zentralen
Podest standen einst sechs Moai.
Die Gesamtlänge von Vinapu II beträgt insgesamt rund
80 Meter. Diese Anlage besitzt insgesamt neun Moai.
Vinapu I (Tahira):
Für den Besucher beeindruckend sind heute eigentlich nur
noch die zwei rückwärtigen Begrenzungsmauern und davon
besonders die Mauer der ersten Ahu-Anlage Vinapu I. Vinapu I,
oder auch "Ahu Tahira" genannt, besitzt nämlich
als einzige Anlage auf der ganzen Osterinsel eine Mauer, deren
Steine millimetergenau zusammengefügt wurden und an die
Bauweise der Gebäude in Tiahuanaco (Peru*) erinnern. Zwar
gibt es noch andere rückwärtige Mauern an Ahu-Anlagen
deren Steine passgenau zusammengefügt wurden, wie beispielsweise
eine Teilmauer der Ahu-Anlage Tepeu an der Westküste, doch
nicht in der Bauweise, die mit dem peruanischen* Tiahuanaco
vergleichbar sind.
Mit der Bauweise der Steine an Vinapu I begründet Thor
Heyerdahl unter anderem seine These, dass zu mindestens
eine Siedlerwelle zur Osterinsel aus Südamerika gekommen
sein muss. Die Mehrheit der Wissenschaftler widerspricht allerdings
Heyerdahls These und begründet dies mit der Tatsache, dass
die Steine am Vinapu I lediglich aus dünnen Verblendsteinen
bestehen, während die Mauern in Tiahuanaco aus massiven
Steinblöcken errichtet wurden. Heyerdahls Kritiker können
sich aber mit der Idee anfreunden, dass es möglicherweise
Kontakte mit zum südamerikanischen Kontinent gegeben hat.
Der Vinapu-Komplex insgesamt war um 1773 erstmalig in feindliche
Auseinandersetzungen verwickelt, die in einer ersten Teilzerstörung
der Anlage mündeten. Das weiß man aus den Reiseberichten
von dem spanischen Navigationsoffizier Juan
de Hervé, der sich am 17. November 1770 an der noch
intakten Anlage aufhielt und dem Bericht von Johann
Reinhold Forster, der als Naturforscher und Mitglied von
James Cooks Wissenschaftlern,
die Anlage am 16. März 1774 aufsuchte und von einigen umgeworfenen
Moai auf beiden Anlagen berichtet.
Zwischen 1774 und 1838 kam es dann zu massiven Zerstörungen
sämtlicher Ahu-Anlagen auf der Osterinsel, das heißt,
es wurden nicht nur sämtliche Moai von ihren Sockeln geworfen,
sondern auch die Ahu-Anlagen selbst weitgehend auseinandergerissen.
Bei einigen Anlagen blieben jedoch die massiven rückwärtigen
Mauern verschont, so auch bei der Ahu-Anlage Vinapu I (Tahira).
Und doch klafft heute in der rückwärtigen Mauer der
Ahu-Anlage Vinapu I ein großes Loch. Diese Beschädigung
wurde herbeigeführt, als der US-amerikanische Wissenschaftler
William J. Thomson
1886 hier mit Dynamit nach Schätzen suchte.
Heute zeigen sich zwischen den umgestürzten Moai der Ahu-Anlage
Vinapu I (Tahira) zwei Höhleneingänge.
Hierbei handelt es sich um die Zugänge von künstlich
angelegten und überdachten Kammern zwischen und teilweise
unter den Moai.
Diese Kammern wurden von Inselbewohnern während der Pocken-Epidemie
1863 bis 1865 angelegt und bewohnt. Die Bevölkerung war
nach den Überfällen durch peruanische Menschenhändler
1862/63 und der anschließenden Einschleppung der Pocken
derart geschwächt, dass die Kultur der Insulaner zusammengebrochen
war und Insulaner nun nur noch Unterschlupf in derartigen Behausungen
fand.
In den 1880er Jahren, als sich der verbliebene
Rest von gerade einmal 120 Rapanui unter der Führung des
Schafranch-Verwalters Alexander
Salmon etwas erholt hatte, wurden die angelegten Kammern,
aber auch viele Höhlen,
als Ablageort für Verstorbene genutzt.
Damals wollten sich die Einwohner immer noch nicht an die christliche
Erdbestattung ihrer Angehörigen gewöhnen.
Vinapu II:
Vinapu II ist mit rund 80 Meter etwas länger als Vinapu
I (Tahira) mit rund 72 Metern. Bei der Rückfront des mittleren
Podestes, auf dem einst bis zu neun Moai gestanden haben, wurden
einfache, bis zu zwei Meter hohe Natursteinplatten aufgestellt.
Diese Platten besitzen nicht die exakten Verbindungsfugen wie
Vinapu I. Um eine waagerechte Plattform für die Moai zu
bekommen, wurden die kleineren rückwärtigen Platten
mit Natursteinen unterschiedlicher Größe in Trockenbauweise
angepasst.
Vinapu II besitzt eine kuriose Besonderheit: Die Rückfront
des Seitenflügels, der zur Ahu-Anlage Vinapu I
(Tahira) zeigt, besteht aus roten Steinplatten,
die aus dem Pukao Steinbruch Puna
Pau stammen. Puna Pau ist Luftlinie gerade einmal 3,5 Kilometer
von der Anlage entfernt. Ganz offensichtlich hatten die Baumeister
der Anlage kein weiteres Rohmaterial für die Erweiterung
der Anlage und haben somit auf das Steinmaterial des Puna Pau
zurückgegriffen.
Steinsäule bei Vinapu II:
Bei den archäologischen Ausgrabungsarbeiten 1955/56 entdeckte
William Mulloy
vor der Ahu-Anlage Vinapu II eine im Sediment verscharrte Steinsäule,
die sich als Torso mit weiblichen Attributen (Vulva, vergrößerter
Nabelknoten sowie Brüste) herausstellte. Dieser rund zwei
Meter große Torso bestand aus rotem Scoria Gestein
und war den 1955 auf der Insel lebenden Rapanui gänzlich
unbekannt.
Aus einem Reisebericht von Dr. John
Linton Palmer (1868 Schiffsarzt auf dem englischen Kriegsschiff
Topaze) weiß man aber, dass es sich bei dieser Säule
um eine rund drei Meter hohe Begräbnissäule
gehandelt hat, die zwei Köpfe besaß. 1868 hat Palmer
auch Vinapu besucht und dabei zwei dieser Säulen
vorgefunden. Eine Säule war noch intakt, die zweite Säule
bestand nur noch aus einem Torso und zeigte Brandspuren. Von
der intakten Säule fertigte Palmer eine fiktive Zeichnung.
Mit großer Wahrscheinlichkeit handelt es sich bei dem
von Mulloy gefundenen Säule um den mit Brandspuren versehenen
Torso aus dem Jahre 1868. Wo die zweite, intakte Säule
geblieben ist, ist unbekannt.
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Die Grafiken zeigen Vergleichsstudien, versehen mit der Zeichnung
von J. L. Palmer aus dem Jahre 1868 und eine Fotografie mit
William Mulloy
aus dem Jahre 1956.
Pukao:
Laut William Mulloy sollen sämtliche der sechs Moai am
Vinapu I (Tahira) und neun Moai am Vinapu II (gesamt=15
Moai) einmal Pukao (Hüte oder Haarschöpfe)
getragen haben. Tatsächlich aber befinden sich nur noch
acht Pukao auf dem Areal des Vinapu Komplexes,
die heute etwas abseits der Anlagen liegen, dort, wo sie nach
dem Sturz der Moai einst hin gerollt sind.
Ein Pukao besitzt eine große Mulde. William
Mulloy meint, Pukao mit solchen Mulden seien früher
als Schalen für Feuerbestattungen genutzt worden. Dies
erklärt möglicherweise auch, warum von den ursprünglich
15 Pukao nur noch acht vorhanden sind. Die Pukao könnten
durch die Hitze bei der Feuerbestattung zerbrochen sein, ähnlich
wie die Begräbnissäule.
Einige Pukao besitzen Zipfel, möglicherweise
die Darstellung eines Haarknotens.
Sämtliche Pukao sind während der kriegerischen Auseinandersetzungen
zwischen 1773 und 1832 von den Mitgliedern verfeindeter Stämme
geschändet worden. So gut wie alle Pukao tragen eingeschlagene
Graffiti Symbole in Form von Kanu-Darstellungen. Kanu-Darstellungen
in dieser Form gibt es als Petroglyphen
eigentlich nur an der nördlichen Ostküste. Ein Zeichen,
dass die Krieger aus dem Verbund der östlichen Hotu-iti
hier einst (im Gebiet der westlichen Ko Tu’u) gewütet
haben müssen.
An einem Pukao findet sich auch die Darstellung eines "Tangata-Manu"
(Vogelmann). Möglicherweise waren die Krieger, die diese
Pukao geschändet haben, Angehörige des damals amtierenden
Vogelmanns und der kam sicherlich aus dem östlichen Gebiet
der Hotu-iti.
Vinapu-Komplex als Observatorium?
William Mulloy
hat den Vinapu-Komplex auch hinsichtlich einer möglichen
Ausrichtung auf die Sonne untersucht. Hierbei ist er nach seinen
Untersuchungen 1955/56 der Meinung, die senkrecht aufgestellte
Rückfront der Anlage Vinapu I (Tahira) sei für die
Sommersonnenwende während des Sonnenaufganges ausgerichtet,
die rückwärtige Front der Anlage Vinapu II zeige bei
Sonnenaufgang die Tagundnachtgleiche.
Der Archäologe Edmundo Edwards und der Astronom Juan Belmonte
sind allerdings der Meinung, Vinapu I sei mehr für die
Beobachtung der Plejaden (Matariki) genutzt worden, während
Vinapu II mehr für die Beobachtung des Orion-Gürtels
(Tautoru) geeignet gewesen sei. Edwards und Belmonte haben dabei
den Sternenstand um das Jahr 1200 zurückgerechnet.
William Mulloy vermisst später noch einmal gemeinsam mit
William Liller die Ahu-Anlagen am Vinapu. Die Messergebnisse
bestätigen erneut, dass Vinapu I und II nach der Sonnenwende
und Tagundnachtgleiche ausgerichtet sind. Allerdings schränken
die Wissenschaftler ein, dass diese Anlagen wie die meisten
Anlagen, mit ihren Längsachsen entlang der Küste ausgerichtet
sind und daher die Ausrichtungen auch zufällig die Verläufe
der Sonne anzeigen könnte.
* heute Bolivien
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