Die Kunst der Moai-Bildhauerei
auf der Osterinsel
Die Kunst der Moai-Bildhauerei auf der Osterinsel
Kurzbeschreibung:
Die Machart der Moai auf der Osterinsel zeugt von einer großartigen
Kunstfertigkeit in der alten Rapanui Kultur.
Für die Moai gibt es außerhalb der Insel keine Parallelen.
Die Bildhauer veränderten das Aussehen der Moai Statuen nach
den jeweils geltenden Vorgaben ihrer Auftraggeber. Dies zeigt
sich durch die Wandlung von den kleinen rundlichen Statuen hin
zu kantigen Monolithen, die zunächst in die Breite und Höhe
wuchsen, doch mit zunehmender Höhe dann wieder schmaler wurden.
Der überwiegende Teil der rund 900 dokumentierten Moai wurde
aus dem relativ weichen Tuffgestein des Rano
Raraku geschlagen. Nur etwa 50 Moai bestehen aus Basalt. Einige
wenige bestehen aus dem weichen und sehr porösen Scoria-Gestein
des Puna Pau.
Quelle:
-"siehe Text",
Die Kunst der Moai-Bildhauerei
auf der Osterinsel
Speziell die rund 400 Moai am Steinbruch Rano
Raraku zeigen, wie die Rapanui einst ihre monumentalen Statuen
aus dem Gestein geschlagen haben. 97 dieser Statuen scheinen
als fertige Moai auf ihren Abtransport zu warten und sind als
steinerne Säulen an den Berghängen eingegraben. Die
übrigen Statuen des Rano Raraku befinden sich in allen
Bearbeitungsstadien immer noch in ihren Fertigungsnischen.
Katherine
Routledge (1914/15) und Arne
Skjølsvold (1955/56) haben sich schwerpunktmäßig
mit dem Rano Raraku und den dort zurückgelassenen Moai
beschäftigt. Demnach benutzten die Steinbildhauer lediglich
Faustkeile aus dem Rano Raraku Tuff zum Freilegen des Moai Rohlings
und Steinmeißel sowie Schlagsteine aus Basalt zum Modellieren
der Gesichts- und Körperzüge. Bis auf einen Steg am
Rücken wurden die Moai noch in ihren Bearbeitungsnischen
fertig ausmoduliert und erst dann aus den Werkstätten geschafft.
Katherine Routledge hat festgestellt, dass so mancher Rohling
aufgegeben werden musste, weil der Stein irgendwann Risse aufzeigte
oder die Steinbildhauer wegen der teilweise im Tuffstein befindlichen
harten Steinknoten nicht weitergekommen sind. Einige Moai-Rohlinge
wurden einfach nur zu Übungszwecken bearbeitet.
1956 hat Thor
Heyerdahl sich in einem Feldversuch zeigen lassen, wie die
einstigen Steinmetzmeister beim Herausschlagen der steinernen
Gedenkstatuen vorgegangen sind. Die Arbeiter nutzten faustgroße
Bruchstücke des Abraums als Schlagsteine. Waren diese Steine
stumpf geworden, so wurden sie durch Abschlagen eines Teilstückes
einfach wieder geschärft.
Steingruben von einem
Meter Durchmesser und Tiefe am Gipfel des Rano
Raraku zeigen, dass die Steinbildhauer die fertigen Moai
beim Herablassen mittels spezieller Anker und Seile fixiert
haben müssen.
Bei Ausgrabungen der am Rano Raraku eingegrabenen Moai zeigte
sich, dass einige Moai immer noch einen Rückensteg und
andere Moai keine vernünftige Standfläche besitzen.
Diese, nur mit Augenschatten ausgestatteten Moai zeigen, dass
sie nicht für eine Ahu-Anlage bestimmt waren. Sie fungierten
lediglich als profane Gedenkstatuen.
Grundform der
Moai:
Nach Meinung von Thor Heyerdahl soll der Moai "Hoa Hakananai‘a"
in der mittleren Schaffensperiode (1100 – 1680) der Prototyp
aller in dieser Zeit geschaffenen Moai gewesen sein. Rund 98
Prozent aller auf der Osterinsel vorhandenen Moai haben die
gleiche Grundform. Es handelt sich dabei um steinerne Monolithen
in Menschengestalt mit einem dominanten Kopf und einem Unterkörper,
der bis zu den Lenden reicht. Bis auf wenige Ausnahmen sind
die Statuen männliche Abbilder von Ahnen. 95 Prozent der
Moai bestehen aus weichem Tuffgestein, der Rest (wie der Moai
Hoa Hakananai‘a) aus hartem Basalt. Die Arme liegen seitlich
am Körper an und sind deutlich ausgearbeitet. Die Hände
sind unter dem Bauch zusammengeführt, die Finger zeigen
auf die Genitalien.
Mit der Zunahme handwerklicher Fertigkeiten ging auch eine
Formveränderung einher. Als Indikatoren der Veränderung
der Moai können Statuengrößen, das Verhältnis
von Breite und Höhe der Gesamtfigur sowie die Kopfform
und Form der Hände gelten.
Formveränderung
der Moai durch ihre stetig wachsende Größe:
In der letzten Phase der Schaffensperiode kam es bei den Ahu-Moai
sowie bei den meisten im Rano Raraku
aufgestellten Moai zu einer so genannten Gigantomanie. Die Moai
wuchsen von zwischen vier und sechs Metern auf bis zu 11,40
Meter an.
Die Schulterbreite nahm dadurch in Relation zur Höhe ab
und bescherte den jüngeren Statuen eine entsprechend elegantere
Form. Der erst in der letzten Phase der Moai Schaffensperiode
hinzugefügte Kopfaufsatz, der Pukao, machte bei den Ahu-Moai
zudem eine ausgeformte Kopfwölbung überflüssig.
Das Haupt des Ahu-Moai wurde nun durch einen Aufsatz verdeckt.
Die Stirn der jüngeren Moai-Generation endet konsequenterweise
kurz oberhalb der Augen. Gleichzeitig flachten die Hinterköpfe
ab. Schließlich fielen die rückwärtigen Ohrenbegrenzungen
mit den gerade gearbeiteten Hinterkopf-Flächen in einer
Ebene zusammen.
Die Entwicklung der Hände:
Im Wandel des Moai-Ahnenkultes
verändern sich sichtbar die Hände der Statuen. Aus
den ursprünglich maskulinen Händen der ersten Moai-Statuen
mit wulstigen Fingern werden nach und nach feminine Hände
mit langgezogenen dünnen Fingern. Mit zunehmender Größe
der Statuen werden die Hände der Ästhetik und Anatomie
wegen ebenso angepasst. Sie verändern ihre Position und
Form von der ursprünglich horizontal anliegenden Position,
die den Unterbauch umschließen, in eine mehr und mehr
in eine vertikale Position.
Die Augen der Moai:
Die Tatsache, dass den Moai möglicherweise auch spezielle
Augen eingesetzt wurden, wurde erstmals von Collin
M. Dundas und John
Linton Palmer nach ihren Besuchen im Jahre 1868 vermutet.
Weitere
Vorschläge folgen in den Jahren 1934 durch Henri
Lavachery sowie Thor
Heyerdahl 1955/56. Wirklich bewiesen wurden diese Vermutungen
allerdings erst mit dem Fund einiger Korallenfragmente in Form
eines Augapfels an der Ahu-Anlage Nau
Nau im Jahre 1978 durch Sonia
Haoa Cardinali und Sergio
A. Rapu. Nun kam auch die Erkenntnis, dass so gut wie alle
Moai, die einer Ahu-Anlage zugeordnet werden konnten, Augenhöhlen
besitzen, alle übrigen Moai jedoch nicht. Nach diesem Fund
betrachtete man die Moai im wahrsten Sinne des Wortes mit ganz
anderen Augen. Die profanen Steinsäulen bekamen plötzlich
ein magisches Aussehen.
Heute weiß man, dass in den Augenhöhlen Inlays aus
weißem Korallenkalk gesetzt wurden, in deren Mitte als
Iris und Pupille ein dunkler Stein aus Scoria-Sediment eingelegt
war. Nach dem Glauben der Rapanui wurde die steinerne Hülle
mit dem Einsetzen der Augen zum Leben erweckt und konnte die
jeweilige Siedlungsgemeinschaft, in Vertretung des Verstorbenen,
weiterhin beschützen.
Pukao:
Für die rd. 900 auf der Osterinsel befindlichen Moai finden
sich lediglich rd. 100 Kopfbedeckungen (Pukao). Diese Pukao
sind, außer im Pukao-Steinbruch "Puna
Pau", ausnahmslos auch nur bei Moai zu finden, die
einer Ahu-Anlage zugeordnet werden können. Dies deutet
daraufhin, dass die Moai-Kopfbedeckungen erst in der letzten
Phase des Moai-Ahnenkultes
gefertigt wurden.
Viele Forscher bezeichnen den roten Aufsatzzylinder profan
als Hut. Thor
Heyerdahl sieht in ihm jedoch einen stilisierten Haarschopf,
der der damaligen Mode entsprechend zu einem hochgeschürzten
Haarknoten zusammengebunden war. "Pukao" heißt
übersetzt auch "Scheitelknoten". Schon Alfred
Métraux wies auf die Möglichkeit hin, in dem
ausgebildeten "Buckel" vieler Pukao den Versuch zu
sehen, langes Haar darzustellen, das gemäß früherem
Brauch zu einem Knoten geschlungen wurde. Doch nicht alle Pukao
weisen die obere Einschnürung auf. Einige sind prismatisch
geformt, andere zylindrisch und wieder andere verjüngen
sich gar nicht nach oben. Auf der Ahu-Anlage "Nau
Nau" in der königlichen Residenz Anakena,
sind vier Moai mit den unterschiedlichen Pukao geschmückt.
Es gibt noch eine dritte Möglichkeit, was die Einheimischen
mit den Pukao früher darstellen wollten: Die Archäologin
Ana Van Tilburg bezieht die roten Kopfbedeckungen auf die Rapanui-Wörter
"ha'u" und "kura" (ha'u kurakura) und meint,
die Pukao symbolisieren möglicherweise rot eingefärbte
"Hüte" (Kopfbedeckungen) aus Vogelfedern, die
von Kriegerpersönlichkeiten mit besonderem Charisma getragen
wurden. Nach Meinung vieler Wissenschaftler war die Farbe "Rot"
für die Rapanui ein wichtiger Indikator für rituelle
Zeremonien, Königtum und sogar Opfer.
Ausnahmen von der Grundform:
Nicht alle Moai haben die gleiche Grundform. Es gibt einige
Ausnahmen und diese Ausnahmen sind für sich jeweils einzigartig
auf der Osterinsel.
Moai Feminino:
Im Zentrum von Anakena wurde eine
1,73 Meter kleine Basaltstatue gefunden, die aufgrund ihrer
geschlechtlichen Attribute bei den heutigen Inselbewohnern Moai
"Feminino" genannt wird. Deutlich zu sehen sind weibliche
Brüste und eine Vulva. Im Gegensatz zu den üblichen
Moai hat diese Statue ein schmales, langgezogenes Gesicht und
Kopfhaare, die nach oben drapiert sind und wirken, als würden
sie im Wind wehen. Die Statue besitzt Augenhöhlen für
Augen-Inlays, die ansonsten nur an Moai zu finden sind, die
einer Ahu-Anlage und somit dem Moai-Ahnenkult
zugeordnet werden können. Diese Statue ist damit sowohl
von ihrer Formgestaltung als auch in dem sonst männlich
geprägten Ahnenkult einmalig auf der gesamten Osterinsel.
Begräbnis- oder
Einäscherungssäule:
1955 wurde von William
Mulloy im Gebiet der Ahu-Anlage Vinapu
II eine rund 2,80 Meter Säule aus rotem Skoria-Gestein
ausgegraben. Es war der Torso einer Statue die wirkte als sei
sie einst durch Feuer zerstört worden. Deutlich zu erkennen
sind weibliche Attribute wie Brüste, die Vulva und ein
relativ großer Nabelknoten. Untypisch für Steinstatuen
auf der Osterinsel sind übergroße Hände.
Aus einer im Jahr 1868 gefertigten Zeichnung des englischen
Schiffsarztes John
Linton Palmer weiß man, dass diese Statue einst zwei
Köpfe besaß und eine Gesamthöhe von rund 3,50
Meter hatte. Palmer betitelt diese Statue in seiner Reisebeschreibung
als "Zeremonie-Stein" oder "Einäscherungssäule".
Palmer will vor Ort zwei dieser Säulen gesehen haben. Eine
war intakt, die zweite durch Brandschäden stark beschädigt.
Moai Tukuturi - der knieende
Moai:
Unterhalb der südwestlichen Steilwand des Moai-Steinbruchs
Rano Raraku wurde 1955 von
Arne Skjølsvold
eine 3,67 Meter große Steinstatue ausgegraben, die seit
dem Fund den Namen "Tukuturi" trägt. Tukuturi
heißt so viel wie "Mit dem Gesäß auf
den Fersen sitzen, die flach auf dem Boden liegen".
Anders als alle anderen Steinstatuen auf der Osterinsel ist
der Moai Tukuturi mit Beinen und Füßen ausgearbeitet.
Einzig die langgezogenen Ohren lassen einen Vergleich mit den
übrigen Statuen zu. Der Moai Tukuturi wird weder in den
Legenden noch in den Überlieferungen erwähnt, noch
konnten sich die Einheimischen die Existenz einer derartigen
Statue erklären.
Moai Pou Hakanononga:
An der Westküste der Osterinsel, im Zentrum von Hanga
Roa, befand sich einst in den Ahu-Ruinen der ehemaligen
Ahu-Anlage O’rongo eine 2,73 Meter hohe Steinstatue mit
der Namensbezeichnung "Pou Hakanononga". Obwohl diese
Statue von der Grundkonzeption Ähnlichkeiten mit den charakteristischen
Moai der Insel hat, gibt es doch wesentlich Unterschiede: Zunächst
besteht der Pou Hakanononga nicht aus dem weichen Tuff-Gestein
des Rano Raraku, sondern aus
Basalt. Die sonst länglichen Ohrläppchen sind nicht
vorhanden, die Hände sind grob und nicht gleichmäßig
ausgearbeitet, die Lippen sind nach oben gezogen und scheinen
zu lächeln. Und, obwohl die Statue einst auf einer Ahu-Anlage
gestanden hat, besitzt sie keine Augenhöhlen für Inlays.
Der Überlieferung nach soll der Pou Hakanononga der Schutzpatron
oder Gott der Thun-Fischer gewesen sein. Damit wäre der
Pou Hakanononga die einzige Statue auf der Osterinsel, die mit
einer Gottheit in Verbindung gebracht wird.
Der Pou Hakananonga wurde 1934
von einem französisch-belgischem Expeditionsteam von der
Insel entfernt und nach Belgien gebracht. Er befindet sich bis
heute im Königlichen Museum für Kunst und Geschichte
in Brüssel.
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